Milad Ahmadvand

Strassenfotografie

"Everything i do is street" - DiGiacomo

Seit 2015 fotografiere ich mal mehr mal weniger intensiv das Geschehen im öffentlichen Raum. Bin ich im beruflichen Kontext als Fotograf an Vorgaben oder eigenen Regeln gebunden, fühle ich mich auf der Strasse frei. Hier ist die Kamera das, was sie zu Beginn war: Ein Hilfsmittel, das mir hilft Dinge zu sehen, derer ich ohne ihn nicht gewahr würde. Ich suche nie nach etwas Bestimmten. Die Dinge geschehen einfach und ich bin ihr Zeuge.

Mit der Kamera in meiner Hand und durch die Stadt spazierend finde ich ein wenig wieder zu mir selbst. Es ist Meditation und Training zugleich. Mein auge schärft sich. Läuft aber auch Gefahr in Muster zu verfallen. Es liegt dann an mir mich in neue Situationen zu begeben und andere Bilder zuzulassen.

Wenn ich dann sehe, wie die Strasse meine berufliche Arbeit beeinflusst; wie sie meine Reportage verändert und spielerischer macht, dann ist das ein enormer Gewinn.

Die Frage nach dem "Warum"

Als Streetfotografien halten wir Leben im öffentlichen Raum fest. Meist sind Menschen involviert. Wenn ich die Welt um mich herum durch das Objektiv wahrnehme, wie konnte ich mich dann selbst dessen verwehren? Ob ich deshalb in jeder Lage fotografiert werden will? Nein. Ob ich selbst in jeder Lage die Kamera zücke? Natürlich nicht.

Was gemacht werden darf, entscheidet der moralische Kompass eines jeden von uns und wer selbst im Leben dem Leitsatz folgt, niemandem etwas “anzutun”, was er nicht selbst erfahren möchte, der wird schnell zu meiner Antwort auf die Frage finden.

Es gibt die Tabus und es gibt wie überall im Leben die Grauzonen, dort wo die Geister sich scheiden und Diskussionsbedarf besteht.

Ich habe kein Problem mit Bildern von uns; ich mache sie ja selbst die meiste Zeit. Und meine Beziehung zu Fotografien ist fest in meiner Biografie verankert. Dort, wo mangels moderner Kommunikationsmittel (es gab in meine Kindheit kein Internet und keine Smartphones), Fotografien etwas bedeuteten, bin ich sozialisiert. Die Flucht aus dem Iran trennte mich für Jahre von Mutter und Schwester. Die Fotografien, die mich mit den Briefen aus der Heimat erreichten, haben auch heute noch einen grossen Stellenwert in meinem Leben. Während der Kriegsjahre in den 80ern waren Aufnahmen von der Front Erinnerungen und Verbindungen zu meinem Vater, der als Soldat und später als Kriegsgefangener weit weg von uns war. Sie bedeuteten mitunter Leben.

Die Kamera war mein Tool zur Integration, als ich Deutschland verließ. Meine Fähigkeit sie zu bedienen öffnete mir Türen zur hiesigen Gesellschaft.

Mit anderen Worten: Ich kann gar nicht anders, als machen, was ich tue und ich bemesse den Bildern, die ich mache durchaus einen Stellenwert ein und sei es nur für mich und für meine Familie.